Vor ein paar Tagen habe ich einen Brief an Herrn Axel Voss geschickt. Darin ging es um meine Kritik an Artikel 13 des neuen Urheberrechtsgesetzes des EU. Was heute passiert ist, hatte ich allerdings nicht erwartet. Heute mittag klingelte mein Handy und es war tatsächlich Axel Voss!
Er hat sich eine knappe Stunde Zeit genommen um mit mir über Artikel 11 und Artikel 13 zu diskutieren. Ich habe großen Respekt davor, dass er sich der Kritik stellt und sich sogar die Zeit nimmt und anruft. Vor allem, da es ein langes Gespräch war, das sogar von mir beendet wurde und nicht von ihm. Ich war gerade in der Arbeit und kann da natürlich nicht endlos telefonieren 😄
Mein genereller Eindruck
Ich habe etliche Interview mit Herrn Voss gesehen und mich in den letzten Wochen intensiv damit auseinander gesetzt. Die meisten Interviews und Reden sind aber um einiges kürzer gewesen. Ich hatte heute die Gelegenheit bei einigen Punkten intensiver nachzuhaken und weiter in die Tiefe zu gehen. Gotteidank wurde das Gespräch nach 6 Minuten erstmal unterbrochen, da jemand in sein Büro kam. Er wollte nochmal anrufen und so hatte ich ein paar Minuten Zeit zu verdauen, dass ich tatsächlich gerade mit Herrn Voss persönlich diskutieren darf. So konnte ich mir zumindest eine kleine Strategie zurecht legen 🙂
Mir waren zwei Dinge wichtig. Zum einen wollte ich natürlich meinen Standpunkt erklären und zum anderen wollte ich auch ihm zuhören und seine Argumente besser verstehen. Meine Ansicht über ihn hat sich mit dem Gespräch geändert. Ich verstehe tatsächlich sehr gut, warum er die Gesetzesvorschläge so toll findet. Nein, ich teile seine Ansicht nicht! Ich bin nachwievor dagegen. Aber ich denke, mir ist jetzt ein Stück weit klar, warum er sie gut findet.
Artikel 11 und Leistungsschutzrecht
Nach der kurzen Gesprächspause ging es erstmal um Artikel 11. Was ihm hier am Herzen liegt sind die (großen) Presseverlage. Er hat sich mit Verlegern unterhalten und die haben massive Umsatzeinbußen und Angst um ihre Existenz. Ihm geht es auch um qualitativ hochwertigen Journalismus, den er hier schützen möchte.
An dieser Stelle kommt von der Gegenseite häufig der Lobbyismus. Etwas das ich auch schon mehrfach in Twitter angeführt habe. Ich bin zwar sicher, dass da die Lobbyisten viel Einfluss genommen haben. Aber man muss auch bedenken, dass wir hier von einer Generation reden, die nur mit der Presse aufgewachsen ist. Es gab kein Internet und so gut wie keine Berichterstattung außerhalb der Presseverlage. Zudem war die Presselandschaft früher um einiges vielfältiger. Heute reden wir von ein paar großen Konzernen, welche etliche Zeitungen und Zeitschriften unter einem Dach haben.
Die Konsequenz aus diesem Wandel sehen wir, wenn man die Berichterstattung für Artikel 11 und 13 in den klassichen Medien verfolgt. Richtig. Da gibt es nicht viel zu verfolgen. Entweder wird gar nicht oder nur am Rande berichtet. Eine Demo mit 3000 Teilnehmern nicht mal zu erwähnen hat nichts mehr mit hochwertigem und schützenswertem Journalismus zu tun. Hier entscheiden ein paar wenige Verlage und Medienhäuser worüber der Bürger informiert werden sollen und worüber nicht. Fragt man ältere Leute, die sich hier informieren wird man festellen, dass die nicht mal wissen, dass hier gerade ein Koalitionsbruch begangen wurde. Dass Demonstrationen stattfinden mit tausenden Menschen.
Seine Argumente sind aber, dass wir die Presse schützen müssen. Dass es nicht sein kann, dass ein Konzern wie Google reich wird mit dem qualitativ hochwertigen Inhalt den andere schaffen. Deshalb sollte von einem Artikel nicht mehr gezeigt werden als eine Überschrift. Außer es wurde eben eine Lizenz erworben. Im Endeffekt soll Google also Lizenzvereinbarungen (Pauschallizenzen) machen mit den einzelnen Verlagen. Selbstverständlich stehe es jedem Verlag frei, ob er dafür Geld möchte. Also könne man Google auch kostenlos alles weiter zur Verfügung stellen. Das kann jeder Verlag selbst entscheiden.
An dieser Stelle muss ich sagen, dass ich nicht so tief drin bin im Leistungsschutzrecht und Artikel 11 zwar gelesen habe, aber mich viel weniger damit beschäftigt habe als mit Artikel 13.
Was mich hier allerdings stört, ist eben die Tatsache, dass Lizenzen erworben werden sollen um Inhalte anzuzeigen. Es geht ja nicht darum einen gesamten Artikel zu zeigen. Sondern schon ein Auszug reicht. Für mich ist aber ein Grundgedanke des Internets, dass Inhalte und eine Zusammenfassung worum es geht frei verfügbar sind. Und zwar nicht nur frei im Sinne von kostenfrei, sondern wirklich frei. Nicht reglementiert, nicht lizensiert. Denn genau darum geht es im großen Internet – dass ich Wissen verbreiten kann! Und dazu gehören Hinweise (Links) und eben Ausschnitte aus interessanten Artikeln. Mit dem hier geforderten Lizenzmodell wird diese Freiheit quasi zerstört.
Artikel 13 und Uploadfilter
Kommen wir zu meinem Lieblingsthema. Wir haben damit angefangen, dass etliche Plattformen nicht unter diesen Artikel fallen. Seiner Meinung nach betrifft dieser Artikel hauptsächlich die großen Player wie Google und Facebook. Kleinere hätten sie explizit ausgenommen. Natürlich würden durch die Einschränkung ein paar kleinere auch darunter fallen, aber das wären nur sehr wenige.
Ist das wirklich so? Hier kam ich mit meinen Gegenargumenten nicht weit. Ich wollte meine Argumentation klarer machen und hab mich daher auf einen Bereich beschränkt. Dazu habe ich Foto- und Bildplattformen gewählt. Davon gibt es unendlich viele. Die sind häufig sehr viel älter als 3 Jahre und haben dadurch auch eine große Anzahl an Nutzern. Sie haben eine Gewinnerzielungsabsicht, aber der Gewinn ist oft ziemlich niedrig. Für diese Plattformen ist es nahezu unmöglich die Inhalte zu kontrollieren. Es gibt keine große Anzahl von Mitarbeitern, welche die Inhalte kontrollieren können. Auch mit Software wird es schwierig. Diese müssten sie wahrscheinlich teuer einkaufen. Solche Plattformen können eigentlich dicht machen.
Hier kommen wir an einen Punkt, der mir klar gezeigt hat, dass Herr Voss ein falsches Bild der Sachlage hat. Wie oben erwähnt würde das nur wenige treffen. Das macht deutlich, dass er tatsächlich wenig in die tiefen des www vorgedrungen ist. Denn allein schon die Masse an Bildplattformen ist riesig! Und etliche davon kommen aus der EU! Allein hier sind es schon viele, die eben unter die Richtlinie fallen.
Was mir allerdings am meisten Angst macht ist die Tatsache, dass etliche Foren darunter fallen. Dieses Beispiel habe ich aber nicht gewählt. Hier fällt es mir schwer sachlich zu bleiben. Die Vorstellung Foren mit ihrem riesigen Wissensschatz könnten offline gehen oder es würde durch einen Filter gehen was geschrieben wird, jagt mir einen kalten Schauer den Rücken hinunter.
Er ist jedenfalls fest der Meinung, es betrifft nur wenige.
Ich hoffe wir kommen nicht an den Punkt an dem wir 2021 sehen, dass es doch eher tausende betrifft, als eine handvoll.
Kommen wir zu den Uploadfiltern. Meine Argumentation war, dass es keine Software gibt welche zuverlässsig entscheiden kann ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt. Ich hab ein einfaches Beispiel gewählt. Nämlich wie schwierig es ist, im Rahmen der Digitalisierung Schriftverkehr und Belege vernünftig zu erkennen und zuzuordnen. Wie komplex es ist einen Algorithmus zu finden und eine KI so anzulernen, dass sie erfolgreich ein Schriftstück zuordnet. Dieses hat aber einen eng definierten Rahmen, liegt in einem speziellen Format vor und hat vordefinierte ständig gleiche Contentblöcke. Trotzdem ist es nur in engem Rahmen möglich eine hundertprozentig korrekte Zuordnung zu erreichen.
Meine Frage war, wenn dies schon so schwer ist, wie soll das dann mit komplexeren Materialien gehen? ITler die Erkennungssoftware entwickeln sagen immerhin einhellig, es geht nicht. Fehlentscheidungen der KI passieren sehr häufig. Heute, morgen und noch lange nach 2021.
Und hier wird die Argumentation von Herrn Voss äußerst interessant!
Uploadfilter stehen nicht im Text und sind nicht verpflichtend. (Ja, wie in jedem Gespräch fordert er dazu auf doch erstmal den Text zu lesen. Hab ich tatsächlich zuvor getan. 😉 )
Seine Argumente laufen über die Lizenzen. Zum einen kann Google ja so etwas wie Pauschallizenzen erwerben. Es würde dann zum Beispiel mit einem Musiklabel vereinbart, dass die Inhalte auf Youtube erlaubt sind und Google entrichtet Lizenzgebühren. Dann könnten die Nutzer straffrei Content hochladen.
Nun stellt sich mir die Frage, wie das jetzt überprüft wird. Google muss ja erstmal feststellen, dass sie die Lizenz haben. Da muss ja ein Abgleich mit einer Datenbank stattfinden. Sein Argument sind Metadaten. Die Rechteinhaber stellen Google diese Metadaten zur Verfügung und mit denen wird dann abgeglichen. Das Content-ID-System von Google würde das jetzt auch schon so machen. Richtig. Das Gegenargument hier sind aber zahlreiche Fehlentscheidungen dieses Systems. Diese werden meiner Meinung nach viel mehr werden, da Google jeglichen Content erst einmal ablehnen muss der auch nur vielleicht eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Der Filter muss schärfer eingestellt werden, da Google ja nun haftet.
Hier kommt Herr Voss wieder zurück zum Thema Lizenzen. Es dreht sich ständig um die Lizenzen. Wenn man also eigens erstellten Content hochladen will, kann man Google eine Lizenz erteilen. Damit muss man auch bestätigen dass man selber Urheber/Rechteinhaber ist. Damit müsste der Inhalt ja nicht mehr von einer Software überprüft werden. Hier frage ich, ob dieses Lizenz erteilen von meiner Seite Google dann von der Haftung entbindet, falls meine Angabe nicht stimmt. Seine Antwort: Nein, tut es nicht. Google bleibt haftbar. Aber Google könne dann natürlich auf den User zurück kommen und den Schaden geltend machen, da die Angaben ja nicht gestimmt haben. Ich bin gespannt ob ein Konzern wirklich Lust hat das zu riskieren. Kostet nämlich auch einiges die User zu verklagen und das Geld zurück zu holen. Insofern haben die Konzerne ein Interesse daran, trotz erteilter Lizenz des Users den Content zu überprüfen und abzugleichen. Ich argumentiere immer dagegen, dass es ja doch dazu führt dass der Content geprüft wird. Axel Voss sieht das aber anders. Durch die Lizenzierung wäre das nicht nötig.
Jetzt drehen wir uns tatsächlich im Kreis. Ich muss gestehen, ich habe seine Argumentationskette der Lizenzen nicht vollständig verstanden. Das werde ich noch einmal nachlesen müssen oder wie er so schön sagt – mich kundig machen. Es wird einen weiteren Beitrag geben, in dem ich das mit Beispielen noch einmal beleuchte. Soweit ich das nämlich jetzt sehe, führt es ja am Ende doch immer auf einen Filter zurück.
Der Mythos vom Internet als rechtsfreiem Raum
Was mich in all den Vorträgen und Interviews von unterschiedlichen Politikern immer gestört hat war die Aussage, das Internet dürfe kein rechtsfreier Raum sein/bleiben. Dieser Begriff rechtsfreier Raum wird fast immer benutzt. Hier wollte ich klar stellen, dass das eine ganz klare Falschaussage ist. Denn das Internet ist alles andere als ein rechtsfreier Raum! Schließlich müsse man schon heute Strafen zahlen wenn man das Urheberrecht verletzt. Man kann auch dagegen vorgehen, wenn jemand seine eigenen Werke ohne Absprache nutzt. Die meisten Gesetzte gelten auch im Internet und es wäre bereits vieles nicht erlaubt.
Hier stimmt mir Axel Voss erst einmal wirklich zu. Was ihn allerdings stört ist die Tatsache, dass Plattformen an der Urheberrechtsverletzugn erst einmal Geld verdienen. Wenn viele solcher Werke hochgeladen werden, wird erst einmal Geld generiert. Und das darf nicht sein.
Dem ist tatsächlich so. Bis zu dem Zeitpunkt an dem jemand verlangt dass der Inhalt entfernt wird können darüber Werbeeinnahmen erzielt werden. Dennoch frage ich, warum der Betreiber einer Plattform haften soll. Schließlich stellt er ja nur die Plattform zur Verfügung und begeht die Verletzung nicht selbst. Auch wenn er tatsächlich an illegalem Inhalt verdient, so könne der Betreiber doch nicht mit absoluter Sicherheit verhindern dass das passiert. Wir schließen also wieder den Kreis zu den Uploadfiltern.
Doch hier weicht Herr Voss nicht ab von seiner Meinung, dass es unrechtmäßig ist wenn Google damit Geld verdient. Ich stimme dem sogar ein Stück weit zu. Ich denke die meisten finden das nicht richtig. Aber das Medium funktioniert in einer Art, in der sich das nicht verhindern lässt. Außer durch Filter. Die nicht funktionieren. Die erlaubten Content ablehnen. Wir kommen zwangsweise zu dem Wort Zensur und dass die Meinungsfreiheit in Gefahr ist. Mein Standpunkt ist, dass ich lieber in Kauf nehme, dass Google mit illegalem Inhalt Geld verdient, als dass Filter und Zensur das Internet bestimmen!
Wir wiederholen bereits genannte Argumente. Dazwischen kommt noch ein Aspekt. Er möchte, dass Künstler geschützt sind und ihre Werke nicht erst verteidigen müssen. Keiner von denen könne sich schließlich Herden von Anwälten leisten. (irgendwie so ähnlich hat er es genannt). Das stimmt. Aber das braucht es auch nicht. Und ja, Anwälte verdienen ihr Geld damit. Dürfen sie auch, das ist schließlich ihre Aufgabe. Dass manche Anwälte das Recht missbraucht haben ist auch bekannt. Aber dagegen werden mittlerweile auch Gesetze erlassen. Das ist also eine ganz andere Baustelle.
Axel Voss möchte Künstler davor schützen dass ihr Inhalt illegal verbreitet wird. Ich hatte den Eindruck das will er wirklich. Es regt ihn wirklich auf, dass da einfach Leute hergehen und mit den Werken anderer Geld verdienen. Geht mir genau so. Da bin ich ganz bei ihm!
Leider komme ich aber auch hier wieder darauf zurück, dass mit dem aktuellen Gesetzesvorschlag das zwar tatsächlich erschwert wird. Gleichzeitig erschwere ich aber dem Künstler seine Werke überhaupt online zu bringen! Und ich erschwere das Teilen! Ich frage wer den Verdienstausfall zahlt wenn ein Upload unrechtmäßig erst einmal abgelehnt wird. Darauf hat er keine Antwort. Generell blockt er hier zum ersten mal alles ab was ich sage. Ich möchte Wörter wie Reichweite anbringen und die Tatsache, dass viele davon leben, dass es eben so leicht geteilt werden kann. Die Art und Weise wie er hier zum ersten mal jegliche Diskussion ablehnt und mir ins Wort fällt zeigt mir, dass ihm diese Geschäftsmodelle fremd bis unbekannt sind. Leider machen sie aber einen Großteil der Kreativen in diesem „Neuland Internet“ aus.
An dieser Stelle sind wir fast am Ende. Ich sage ihm, dass ich ihm in vielen Punkten zustimme. Nur dass der aktuelle Gesetzestext der falsche Weg ist das zu lösen. Wir sind nun beim letzten Teil unseres Gespräches.
Es gab keine anderen Vorschläge
Was Axel Voss nun sagt, ist eine klare Lüge. Ich kann es nicht anders ausdrücken. Es ist nunmal wie es ist. Es gab keine anderen Vorschläge. Es wurde in den letzten drei Jahren in denen das nun diskutiert wird kein Gegenvorschlag gebracht.
Hier kann ich ihm nur sofort und vehement widersprechen. Nach seinen doch von seiner Seite aus durchdachten Argumenten finde ich es schade, dass das Gespräch gegen Ende so etwas beinhalten muss. Es gab nämlich Gegenvorschläge! Julia Reda und Tiemo Wölken haben sich für die Gegenvorschläge eingesetzt die es gab. Und sie waren nicht die einzigen! Es wurden auch andere Formulierungen vorgeschlagen, die sehr gut waren. Es wurde ständig abgelehnt.
Er fragt mich, was denn mein Vorschlag wäre. Nein. Ich bringe aus der Teeküche des Büros nicht spontan einen tollen Gesetzesentwurf zu einem der schwierigsten Themen die derzeit diskutiert werden. Da gab und gibt es andere, die durchaus brauchbare Vorschläge haben. Ja, das hab ich so gesagt.
Ich will hier aber durchaus wissen, warum jetzt ein Vorschlag angenommen wird, der so sehr auf Widerstand stößt und so unausgegoren und voller Probleme ist. Seine Antwort darauf ist einfach. Es gab keinen besseren Vorschlag also wird der aktuelle durchgesetzt. Das wurde dann einer dieser kurzen hitzigen Momente. Ich sage, man kann doch nicht etwas schlechtes beschließen nur weil noch keine gute Alternative da ist. Dann muss ich doch warten bis ein guter Vorschlag kommt. Ich kann doch nicht aus Mangel an Alternativen etwas schlechtes beschließen. Da wir uns hier zum ersten mal wirklich ständig gegenseitig ins Wort fallen und ich langsam zurück an den Schreibtisch muss fehlt mir die Geduld hier eine vernünftige Argumentationsstrecke aufzubauen. Zugegeben fällt mir auch nach Stunden keine ein. Das macht man so nicht ist eigentlich alles was mir einfällt. An dieser Stelle halte ich es tatsächlich für so einfach. Diskutieren und warten bis es einen vernünftigen Vorschlag gibt!
Die CDU wirbt offen mit Falschaussagen
Da ich das Gespräch leider aus zeitlichen Gründen beenden muss, bringe ich noch einen Wunsch an. Die CDU macht Werbung mit falschen Aussagen und täuscht somit die Bürger und Wähler. So etwas darf nicht sein. Ich bringe ein Beispiel, vom offiziellen Twitter-Account der CDU:
https://twitter.com/CDU_CSU_EP/status/1097940165862014976
Er sagt er wird schauen, dass er das findet und sich das ansehen. Ich argumentiere warum das irreführend ist und dass man auch prüfen könnte rechtlich gegen sowas vorzugehen. Nicht als Drohung, sondern weil so etwas wirklich nicht in Ordnung ist. Aufgrund seiner Antwort und Tonlage schließe ich, dass er es auch so aufgefasst hat wie ich es meinte. Ich glaube ihm, dass er sich das zumindest einmal ansieht.
Ich bedanke mich bei ihm für das Gespräch und sage ihm, dass ich wirklich positiv überrascht bin von seinem Anruf. Auch dass ich es wirklich zu schätzen weiß, dass er sich dieser Diskussion stellt und sich dafür so viel Zeit nimmt. Ebenso sage ich, dass ich das Gespräch sehr gut gefunden habe und ich seine Argumente verstehe. Wir aber nicht einer Meinung sind und ich meine Meinung auch nicht ändern werde. Ich hoffe trotzdem, dass die Wahl im Mai so verläuft, dass einige Posten neu vergeben werden und einige Politiker nicht mehr im Parlament sein werden. Ich denke er weiß, dass er auch gemeint war. Und ja, so etwas kann man freundlich sagen! 😀
Er nimmt diese Aussagen von mir so hin und wir wünschen uns noch einen schönen Tag 🙂
Fazit
Axel Voss argumentiert ständig mit dem Schutz der Urheber und dem Schutz der Verlage usw. Er hat mich mit Argumenten nicht abgebügelt, sondern hat wirklich zugehört und ist auf meine Aussagen eingegangen. Meistens zumindest. Meines erachtens ist ihm dieser Mikrokosmos des Internets hier einfach fremd. Dieser Teil in dem geteilt und verbreitet wird. In dem massenhaft auch wirklich hochwertige Inhalte geschaffen werden abseits der großen Verlage.
Das Gespräch war wirklich angenehm, trotz der verschiedenen Standpunkte. Auch wenn es zwischendurch mal kurz hitzig wurde, kam man schnell zurück auf eine Ebene mit Argumenten und Gegenargumenten. Ich bin sogar soweit, dass ich ihn verstehe. Aus seiner Sicht sind beide Artikel völlig richtig. Denn es fehlt das Verständnis für die Dynamik und Funktionsweise, die hinter dem Internet wie es heute ist stehen. Das ist auch der Grund, warum die Fachleute in den Digitalressorts der Parteien so strikt dagegen sind. Denn die haben sich sicherlich auch privat damit auseinander gesetzt. Denen ist die Welt des Internets nicht fremd. Vor allem nicht die Welt abseits von großen Verlagen und Konzernen. Denn da gibt es noch massenhaft mehr! In der Weite des Internets machen diese, trotz ihrer Größe, tatsächlich nur einen kleinen Teil aus. Man muss das Internet in seiner Tiefe selbst erlebt haben, um es zu verstehen. Wer selbst zum Teil darin lebt, der hat erkannt wie wichtig es ist die Freiheit darin zu schützen.
Herr Voss war wirklich nicht unsympathisch. Darum muss ich mir echt überlegen ob ich hier ein #nieMehrCDU darunter setzen will.
Ups, damit hab ich es ja doch getan 😉
Harald Meyer says
sehr guter Artikel. Keiner streitet ab, daß Herr Voss einen lobenswerten Ansatz verfolgt. Keiner hat gesagt, das Urheberrecht muss weg. Das Haptproblem ist wie es aussieht also tatsächlich fehlende Kenntniss und leider auch eine gewisse Argumentationsresistenz. Es gab mal vor Jahren einen schönen Werbespruch: Vielleicht hätte er jemanden fragen sollen, der sich damit auskennt.
Es kann ja nicht sein, daß er selbst jetzt, kurz vor der endgültigen Entscheidung, immer noch nicht vollständig darüber informiert ist, welche technischen Probleme bestehen und was für einen Umfang deren Lösung darstellen würde. Dazu noch scheint er auch jetzt noch nicht wirklich zu verstehen, daß es eben auch Künstler gibt deren Grundlage nahezu vollständig aus Werken andere bestehen wie z.B. DJs.
Die Geschichte mit den Lizenzen die er gerne angibt wird in der Praxis auch schwierig, vor allem bei Künstlern die eben nicht in einer Verwertungsgesellschaft wie der GEMA sind…
Stefan Herwig says
Klasse! Toller, ehrlicher Bericht.
Aber, bitte lesen: Die Auseinandersetzung des Juristen Markus Hassold mit der Krtik an Artikel13. Seitdem sehe ich das Gesetz viel entspannter…. Immmer noch nciht fehlerlos (3-Jahres Ausnahmeklausel!), aber ansonsten sehr ciel besser, als sein Ruf:
https://mofloghard.wordpress.com/2019/02/27/die-eu-urheberrechtsreform-kritik-an-der-kritik/
Ansonsten: bleibt Spannend!
Gruss in die Runde,
Stefan
Thomas Bohn says
Vielen Dank für dein Gedächtnisprotokoll. Was mich ja sehr stört ist diese Fokussierung auf Google, sowohl beim Leistungsschutzrecht als auch bei der Plattformhaftung. Nicht alle sind so groß wie Google. Eine Lizenz die Google vielleicht bezahlen könnte, kann ein kleiner Anbieter vielleicht nicht bezahlen. Es stimmt einfach auch nicht, dass Google nur mit illegalen Uploads Geld verdient, denn Google hat für YouTube schon seit Jahren Lizenzverträge abgeschlossen.
Es ist ein wenig so wie vor Jahren die Musikindustrie davon überzeugt war, dass jede gekaufte leere CD-R für das kopieren einer Audio-CD genutzt wird und daher einen Verlust für die Musikindustrie darstellt. Dies ist genau wie das Argument gegen Google falsch.
Beim LSR ist es wirklich seltsam, die Zeitungen haben es bisher nicht geschafft ein nachhaltiges Geschäftsmodell für das Internet zu entwickeln. Die Seiten mit Werbung vollstopfen hat nicht funktioniert. Den Leser*innen ein Abo zu verkaufen funktioniert auch nur wenig, weil man damit gleichzeitig Leser*innen verliert. So riefen sie nach dem Staat ihnen zu helfen, weil ja Google scheinbar damit gut Geld verdient. Übrigens ist meines Wissens nicht bekannt, wie viel Geld Google mit YouTube oder der Nachrichtensuche wirklich verdient.
Ich stimme die vollständig zu, dass Axel Voss das WWW kaum kennt, für ihn scheint es nur große Plattformen wie YouTube oder nicht-kommerzielle wie Wikipedia zu geben. Kleine und mittlere Plattformen kommen nicht vor und kommen so unter die Räder. Ich erinnere mich noch an die Fotoplattform 23hq, die bestimmt unter die Richtlinie fällt aber sicherlich keine Möglichkeit hat, selbst einen solchen Filter zu bauen oder entsprechende Lizenzen einzukaufen.
Übrigens gemäß der aktuellen Gesetzeslage haften Plattformen auch schon, nämlich dann, wenn sie über einen Verstoß informiert wurden und nicht handeln.
Übrigens eine wirklich gute Idee es per Brief zu tun. Ich arbeite seit einiger Zeit an einem eigenen Text und dieser Kommentar ist auch irgendwie Teil meiner Gedanken dazu.
Jonas Mertenbaur says
Sehr interessant das sich Herr Voss ihnen im Telefonat gestellt hat. Leider hat er wieder auf seine stumpfsinnigen Argumentationen zurückgegriffen. Auch wenn seine Absichten gut sind wie ich im es zutraue muss er doch auch verstehen das die aktuelle Umsetzung keinen Sinn macht.
Ich möchte sie auf zwei punkte aufmerksam machen.
1. Google verdient meines Wissens nichts damit News Seiten anzuzeigen und kostenlos zu bewerben. Damit währe sein Argument nichtig. Außerdem Frage ich mich warum Leser auf einen Artikel gehen sollten wenn sie nichtmal die Überschrift und ein Bild dazu sehen den Google wird wie in Deutschland und Spanien gesehen ganz sicher kein geld dafür zahlen weil sie im ersten schritt ja kein geld verdienen
2. Anscheinend weiß Herr Voss nicht das wenn die Urheber auf YouTube ein video claimen (was übrigens auch sehr stark missbraucht wird da die Entscheidung ob es eine Urheberrechts Verletzung ist nur beim claimer liegt) die Urheber den Anteil des Geldes Kriegen was der Youtuber damit verdient hätte. Meines Erachtens ist dieses verfahren fair ( wenn es nicht missbraucht werden würde) und ein guter Vorschlag wie der Artikel 13 besser umgesetzt werden könnte
Orlet says
Chapeau. Ein wirklich erfrischend sachlicher Beitrag. Er zeigt, dass eine Kommunikation über die Schützengräben hinweg möglich ist, wenn man mal die blinde Wut und Polemik weg legt und bei aller Ablehnung der Standpunkte dennoch beteit ist, aufeinander einzugehen.
Robert Fischer says
Möglicherweise kann man diese Diskussion übertragen auf so etwas wie… Flohmärkte? Dort werden alle möglichen Waren angeboten, von allen möglichen Leuten. Ist der Betreiber des Flohmarktes aber auch dafür haftbar, wenn dort vereinzelt Waren gehandelt werden, ohne das das Finanzamt beteiligt ist. Wenn dort geklaute Ware gehandelt wird? Soll ein Flohmarktbetreiber jeden Stand vorab überprüfen, ob die Waren dort sämtlichen gesetzlichen Bestimmungen genüge tun? Wie sollte das gehen – es geht eben nicht. Was aber geht: wer auf einem Flohmarkt sein geklautes Fahrrad sieht, kann seinen Eigentumsanspruch bei der Polizei gelten machen (beispielsweise). Was Herr Voss und seine Lobbyisten wollen, ist eine Beweislastumkehr (das ist momentan sowieso en vogue in höheren Justizkreisen) und dadurch die Abwälzung der Kosten und des Aufwands auf die (Internet-)Gesellschaft.
Nico Düsing says
Hallo Florentine, danke, dass du dieses Gespräch mit uns geteilt hast. Ergänzend vielleicht eine kleine Erklärung zu Artikel 11: Das wurde in Deutschland in schwächerer Form schon als „Leistungsschutzrecht“ eingeführt. Es geht dabei um folgendes:
Google News zeigt Überschriften und kurze Ausschnitte von Artikeln und verlinkt diese. Google verdient damit angeblich Geld (obwohl ich da keine Werbung gesehen habe). Das war vorher legal, weil es nur kurze Ausschnitte waren (quasi Zitate).
Für Verlage die nicht wollen, dass Google News das macht, bietet Google eine Option eine Webseite oder einzelnen Artikel von Google News auszuschließen. Verlage konnten also auch vorher schon selbst entscheiden, ob ihre Inhalte bei Google News auftauchen oder nicht. Die Verlage wollen aber dort auftauchen, weil das kostenlose Werbung für sie ist und Nutzer auf ihre Seiten leitet.
Google News macht also kostenlose Werbung für Verlage und Verlage verlangen, dass Google sie für diese Werbung auch noch bezahlt. Dass andere Unternehmen für Werbung sogar noch zahlen müssen und nicht Geld bekommen, scheint den Verlagen da nicht so bekannt zu sein.
Dann kam das Leistungsschutzrecht und Google News hätte die Verlage bezahlen müssen. Das wollte Google nicht und hat stattdessen die deutschen Verlage von ihrer Seite ausgeschlossen. Das wiederum wollten die Verlage nicht, weil weniger Nutzer auf ihre Webseiten gekommen sind und haben dann Google gestattet ihre Inhalte kostenlos zu verwenden.
Folglich müssen jetzt Startups bzw. potentielle Konkurrenz für solche Inhalte zahlen, während Google die kostenlos verwenden darf, was das Monopol von Google News massiv gestärkt hat.